Erste Hilfe

  • Gestern hatte ich ein ziemlich schmerzhaftes Erlebnis (siehe hier)


    Das komisch war nur: Ich bin auf einer Hauptstraße ausgerutscht an der 1. ziemlich viele Autos fahren und 2. zum dem Zeitpunkt auch viele Fahrradfahrer. Eine solche Gruppe stand vielleicht nur ein oder zwei Meter von mir entfernt an einer Ampel.


    Als ich dann auf dem Boden neben meinem Fahrrad lag, haben die mich komisch angesehen, als hätten sie nohc nie jemandem von seinem Fahrrad fallen sehen und sind dann, sobald die Ampel auf grün sprang, einfach weiter gefahren, als ob nichts gewesen sei. Nur eine Autofahrerin hielt an und fragte wie es mir ginge.


    Aber jetzt meine Frage: Wie würdet ihr euch in so einer Situation verhalten? Würdet ihr einfach weiter fahren, frei nach dem Motto: "Nicht mein Problem." oder "Ist doch nichts passiert."?
    Oder würdet ihr anhalten und helfen?


    Und um gleich meine Antwort zu geben: Ja, ich würde helfen! Wenn jemand nur einen Meter neben mir vom Fahrrad stürzt, ist weder das eigene Leben noch das der umstehenden Passanten in Gefahr. Selbst wenn ich mit dem Auto an einer Unfallstelle vorbei fahre,, versuche ich immer so gut es geht zu helfen.
    Ich weiß, das macht auf manche einen spießigen Eindruck, aber ich gehöre nun mal zu den Menschen, die auch gerne mal helfen ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Nur leider gibt es da auch Leute, die meine Hilfsbereitschaft ausnutzen wollen. Da ist es dann schwer zu differenzieren, wer jetzt wirklich Hilfe benötigt und wer nur zu faul ist.
    Die andere Seite ist allerdings, dass es auch Leute gibt, die behaupten, ich wolle nur als Held dastehen.
    Und ich muss zugeben, dass es ein verdammt gutes Gefühl ist, einem Menschen geholfen zu haben und jetzt die Dankbarkeit zu spüren. Aber das ist nur ein Nebeneffekt, der wahrscheinlich daraus resultiert, dass es heutzutage viel zu wenig hilfsbereite Menschen gibt (obwohl ich mich da gerne eines besseren belehren lasse).


    Trotzdem bleibt die Frage: Wie würdet ihr euch verhalten?

  • Die Frage wurde in letzter häufig gestellt, insbesondere nach dem Mord an dem Mann in München, der Jugendlichen in der U-Bahn (oder S-Bahn) helfen wollte und dann getötet wurde (vielleicht meist Du jetzt aber nicht solche extremen Situationen).
    Klar kann ich jetzt erst einmal sagen, dass ich immer helfen werden, egal ob jemand "Erste-Hilfe" braucht oder belästigt wird, aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass es auf die Situation ankommt.
    Häufig habe ich schon Menschen geholfen, die mich direkt angesprochen haben. Leider habe ich aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mich "eingemischt" habe, später auch die Rechnung dafür bekam in Form von Demolierungen am Auto oder nächtliche Steinwürfe an den Rollladen.

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  • Hm...also ich persönlich finde es unverschämt nur zu glotzen - grade wenn man an der Ampel steht und eh warten muss (jetzt mal auf deinen Fall bezogen) - da kann man auch mal eben wenigstens rübergehen und fragen ob alles okay ist bzw. ob man helfen kann.
    Ich persönlich würde es auch tun! Egal ob die Gruppe um mich herum sich keinen Zentimeter bewegt, ich wäre zumindest hingegangen und hätte gefragt.
    So, als Autofahrer muss ich sagen: Es kommt drauf an. Wenn jemand auf dem Fußgängerweg stürzt und ich keine Möglichkeit habe zu halten, würde ich wahrscheinlich auch daran vorbeifahren...auch wenn ich weiß, dass das nicht richtig ist. :oops:


    Da ich aber immer noch keinen Führerschein habe, kann ich auch nicht sagen wie ich mich verhalten würde, wenn ich einen Autounfall sehe...Wenn noch keiner hilft würde ich sagen: Anhalten und helfen! Wenn ich aber sehe, dass schon jemand hilft und abschätzen kann, dass er mit der Situation klar kommt, würde ich wohl auch weiterfahren...Wie man es aber dann tatsächlich macht kann man wohl erst sagen, wenn man in die Situation gerät.


    Was mir allerdings auch schon aufgefallen ist: Im Supermarkt lässt eine ältere Dame oder ein Herr etwas fallen - und bekanntlich können sich die meisten alten Leute nicht mehr so bewegen - hilft man eher und hebt es für diese Leute auf.
    Ich glaube sobald man Gefahr läuft mit eventuellen Verletzten zu tun zu haben, ist die Hemmschwelle einfach höher und viele trauen sich einfach nicht einzugreifen.

  • Eigentlich wollte ich das Thema "München" nicht anschneiden, das fällt für mich eher unter Zivilcourage, die bekanntlich freiwillig ist. Im Gegensatz zur Ersten Hilfe, die nun mal gesetzlich vorgeschrieben ist.
    Und genau das ist der "Vorteil" der Ersten Hilfe. Wenn man hilft, egal ob durch einen Notruf oder durch lebensrettende Maßnahmen, ist man straf- und zivilrechtlich geschützt. Das heißt, rein rechtlich kann einam da nichts mehr passieren, selbst, wenn man, objektiv gesehen, vielleicht das Falsche gemacht hat.
    Aber das eigentlich Falsche ist es, gar nichts zu unternehmen. Und genau dieses kann auch geahndet werden. Schlimmstenfalls mit einer Freiheitsstrafe (zumindest laut Wikipedia)

  • Ich würde auf jedenfall helfen ! Ich würd denjenigen nicht doof anglotzen, sondern gleich helfen. Meine Mutter war Zeugin bei einem Autounfall und sie hat sofort geholfen
    und andere Leute sind gleich abgehauen oder haben einfach nur dumm geglozt.

  • In der Regel würde ich bei Unfällen soweit es geht helfen.
    Aber es kommt schon auf die Situation an. Wenn irgentjemand vom Fahrrad fällt, könnte man ja mindestens einen Rettungswagen holen. Ich habe jetzt einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht und fühle mich bei leichten Unfällen auch verpflichtet zu helfen. Wenn ich die eigene Sicherheit aber in Gefahr sehen würde, sei es durch Personen oder durch z.B. eine stark befahrene Straße, würde ich aber wahrscheinlich auch eher nur per Telefon jemanden verständigen oder abhauen.
    Es kommt ganz auf die Situation an und auch auf die Person.
    Hilfsbereit war ich mal, doch da ich letztes Jahr mit meiner damaligen Schulklasse eigentlich nur schlechte Erfahrungen gemacht habe, bin ich jetzt ultraskeptisch. Im Sinne von Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. :S

  • Also ich hab mittlerweile 3 Erste Hilfe Kurse hinter mir und was die uns echt bei jedem eingebläut haben und was ich auch absolut richtig finde ist "Jeder kann helfen! Und sei es nur, dass man einen Notruf absetzt!" Und: "Eigenschutz geht immer vor!" Also wenn ich einen Unfall sehen würde, würde ich sofort helfen, wenn es meine Situation zulässt. Wie gesagt, wenn man grad mit dem Auto vorbei gefahren ist aber keine Möglichkeit hatte anzuhalten, kann man immerhin 112 wählen. Oder genauso, wenn man z.B. nachts auf einer einsamen Landstraße was weiß ich, ein Auto im Graben liegen sieht. Das könnte wiederum ja auch eine Falle sein, dass da jemand einen überfallen möchte. Aber auch dann kann man die Polizei anrufen und bescheid sagen, dann können die hinfahren und nachsehen, was los war.
    Viele haben ja Angst zu helfen, weil sie Angst haben, etwas verkehrt zu machen. Aber wenn jetzt jemand verletzt ist, ist es schon eine große Hilfe, wenn man zu dem jenigen hingeht und sagt, dass man einen Krankenwagen gerufen hat (was dann natürlich auch so sein sollte ;-) ) und dann auch bei der Person bleibt! Schon ist sie nicht mehr alleine und fühlt sich besser.
    Was Angst vor Ansteckung angeht - in jedem Erste Hilfe Kasten (zu finden in jedem Auto und in jedem öffentlich zugänglichen Geschäft!! was viele nicht wissen, aber die sind verpflichtet) sind Handschuhe drinne.
    Bei unserem letzten Erste Hilfe Kurs hat uns der Ausbilder sogar solche kleinen Mundschutz-Beatmungs-Masken gezeigt! Wenn man jetzt einen Fremden beatmen muß und sich davor ekelt, kann man die dem über den Mund ziehen. Die sehen so aus wie ganz normale Mundschutz-Dinger vom Arzt, nur das vorne ein kleines Beatmungsventil drin ist. Soll's in jeder Apotheke geben. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mir mal eins zu kaufen, muß aber gestehen, dass ich's noch nicht gemacht habe...
    Also ich persönlich würde bei Unfällen oder sowas immer schauen, ob ich was tun kann! Finde ich selbstverständlich.

    Von all den Dingen, die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinem Verstand gehangen.


    Hast du rot?

  • Das Interessante ist, dass es dem Mensch in solchen Situationen sehr schwer fällt, aus einer Gruppe/Masse herauszutreten.
    Typisches Beispiel: Wenn eine große Menschenmenge (z.B. zu einem Konzert) einen Gehweg entlang läuft und jemand liegt verletzt am Straßenrand, dann wird kein Mensch auf die Idee kommen zu helfen, sondern wie alle anderen auch vorbeilaufen.
    Das selbe mit der Radfahrer-Gruppe. Wenn man in der Gruppe ist, ist man mehr oder weniger anonym und kann sich sogar erlauben, extrem blöd und penetrant zu gaffen, was man sich als Einzelner nicht getrauen würde.


    Eine Bekannte von mir hat mal erlebt, wie hier in der Stadt (damals zur WM 2006, mit vielen Menschen auf der Straße) ein türkischer Mann seine Frau auf offener Straße verkloppt hat. Daneben war ein Cafe, alle Tische vollbesetzt mit Gästen, und alle haben nur dumm geschaut und geschwiegen, als wären sie Zuschauer eines Theaterstücks. Meine Bekannte wollte dann die Polizei rufen, hatte allerdings kein Handy dabei und hat dann mehrmals die Cafebesucher aufgefordert, die Polizei zu rufen. Erst weiterhin kollektives schweigen und glotzen, dann hat sich bei der dritten Aufforderung jemand getraut zu sagen: "Gehen Sie halt zur Telefonzelle."

  • Ja, das ist oft ein Problem. Das war auch ne Diskussion bei unserem letzten Erste Hilfe Kurs. Da meinte einer auch:"Ja, aber man kann doch nicht alles alleine machen! Und dann die ganzen Gaffer!" Da hat der Ausbilder geraten, einfach die Leute direkt anzusprechen. Also, wenn man dann dem Verletzten hilft und alle rumstehen und gucken nicht fragen:"Kann bitte noch jemand helfen?" Sondern einfach konkret zu einem sagen:"Rufen sie bitte einen Krankenwagen!" und zu einem anderen:"Gehen sie bitte mal in den Laden da drüben und holen Verbandszeug!" Dann sind die Leute direkt betroffen und können sich nicht mehr in der Anonymität der Gruppe verstecken, weil sie dann auch alle angucken "na, macht er jetzt was?" Gut, das muß nicht immer klappen, aber funktioniert bestimmt immer noch am besten.

    Von all den Dingen, die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinem Verstand gehangen.


    Hast du rot?

  • Solange es um nichts weiter als einen Unfall geht, würde ich schon versuchen, zu helfen. Dazu gehört, nach meiner Erinnerung, Unfallstelle absichern, dem Verletzten helfen (falls man das kann oder sich aufgrund der kleineren Verletzungen noch zutraut). Bei größeren Sachen mit dem Handy einen Notruf absetzen. Sowas sollte eigentlich kein Problem sein. Ist halt ein bisschen lästig, vor allem, wenn man einen Termin hat.


    Anders sieht es aus, wenn da eine Prügelei oder sowas angefangen wird. Ich war mal in einem Bus, als ein Typ seine Ehemalige angemacht und nach deren Null-Reaktion auch körperlich angegriffen hat. Da bin ich mit Gewalt dazwischen gegangen. Allerdings sollte man sich sowas ganz genau überlegen. Ich habe mir das zugetraut, weil der fragliche Typ ein ziemlich mageres Kerlchen war. Ich bin schließlich nicht Arnold Schwarzenegger.


    Wenn man zahlenmäßig in der Minderheit oder eindeutig körperlich schwächer ist, sollte man sich ein Einschreiten sehr genau überlegen, sonst ist man am Ende tot. So ist es ja leider dem Herrn Brunner in München ergangen. Wenn man mit Gewalt dazwischen geht, dann muß man sich vorher darüber klar sein, was das heißt. Denn ist es u.U. nicht mit ein bisschen Herumboxen getan. D.h., wenn man im Zuge der Nothilfe glaubt, einschreiten zu müssen, dann muß man auch bereit und körperlich sowie psychisch in der Lage sein, maximale Gewalt anzwuwenden - im Klartext, den Gegenüber notfalls schwer zu verletzen. Wenn man meint, das nicht zu können, hilft nur der Notruf mit dem Handy und Zusehen aus sicherer Entfernung. Und man muß auch bereit sein, eventuellen strafrechtlichen Konsequenzen ins Auge zu sehen. Wenn man einen Angreifer verletzt, kommt zwangsläufig der Staatsanwalt. Und dann muß man erst einmal beweisen, daß man im Zuge der Nothilfe eingeschritten ist und nicht, wie die Gegenseite behauptet, den armen, friedlichen Kerl von einer liebevollen Umarmung seiner Freundin abgehalten hat.


    Klaas